Material Copyright by Freebooters Fate & Werner Klocke
Einleitungstext
Rechtzeitig zur Role Play Convention 2016 in Köln haben es die Piraten von Freebooter Miniatures geschafft, die lang ersehnte Erweiterung mit den Boots-Regeln in deutscher Sprache zu veröffentlichen. Bis dato konnte man die BETA-Regeln auf den Messen testen und seine Eindrücke mit einbringen.
Passend zur RPC hatten die Freibeuter auch einen genialen Messe-Deal mit an Bord, so dass man mit Raging Rivers direkt loslegen könnte.
Deal galt nur zur RPC
Wir befassen uns heute allerdings lediglich mit dem Regelwerk und da ich selber mitwirken konnte, legen wir mal die Freebooter-Brille beiseite. Also, ich werde es zumindest versuchen 🙂
Ich werde mich an die Kapitel in der Erweiterung halten und kurz auf den Inhalt eingehen, jedoch keinen Regelersatz liefern. 🙂
„Fluff, Fluff“ – Der Hintergrund
Die Geschichte um Longfall wird auf lediglich einer DINA4 Seite fortgeführt. Das mag nach nicht viel klingen, jedoch passiert auf dieser Seite eine ganze Menge! Quasi „Weltbewegendes“.
Xicoa versucht mittels eines an einer überwucherten Tempelwand gekritzelt, unvollständig übersetzten Rituals, die Erdmutter wieder zu erwecken. Die Betonung liegt auf „versucht“, denn es geht alles schief, was auch nur schiefgehen kann. Die Welt, um die zahlreich versammelten Amazonen, explodiert und das Ergebnis der Explosion, bildet die Basis für das Regelwerk „Raging Rivers“: Die Komplette Gewässerlandschaft hat sich verändert und somit auch die Wege zum Aztekengold der Amazonen.
Also: Ab in die Boote!
Die Erweiterung – Fakten
Auf 33 Seiten erfahrt ihr alles Wissenswerte über die Ereignisse bei der Beschwörung des Rituals durch Xicoa und den neuen Gegebenheiten der Gewässerlandschaft, sowie –natürlich- über die neuen Bootsregeln.
Das Heft ist in Vollfarbe gedruckt und beinhaltet drei DINA4 Seiten mit Kopiervorlagen über einer „Pinassa“ und „Barkazza“, den drei 10x10cm Bierdeckelinseltypen, der neuen Steilfeuerwaffenschablone und einer Windrose.
Neben vielen Regel erklärenden Bildern, finden wir auch sehr schöne Impressionen aus dem Spiel, sowie die bekannten und geliebten „Mit Blut geschrieben“ Blöcke, die jeder Seemann beachten sollte.
Das Design ist stark… ähm… „wässrig“ – wie passend. Während der Hintergrund eine Wasseroberfläche andeutet, welche halbtransparent auf das bewährte Freebooter Pergament-Design gelegt wurde, hebt sich der Text in der ebenfalls bekannten Schriftart sehr gut leserlich ab.
Die Pergamentblöcke „Mit Blut geschrieben“ und die Bilder sind wahre „Eyecatcher“ und fügen sich in das tolle Design ein.
So, jetzt aber: Die Regeln
Boote oder vielmehr ein Boot in Freebooter’s Fate, fanden wir erstmalig im Grundregelwerk-Szenario „Gestrandet“. Allerdings hatten wir hier lediglich Szenario dienliche, rudimentäre Fortbewegungsregeln für dieses eine Boot.
Die Bootsregeln aus Raging Rivers sind jetzt auch keine Doktorarbeit, allerdings doch etwas anspruchsvoller als die „Boots-Regel“ aus jenem Szenario.
Grundlegendes
Es gibt viele unterschiedliche Bootstypen mit unterschiedlichen Eigenschaften. Sie unterscheiden sich u.a. in ihrer Form und Größe, sowie der Anzahl an Besatzungsmitgliedern, Ruder-, Steuer- und Geschützplätzen. Diese einzelnen Schiffstypen haben unterschiedliche Bewegungsweiten, Manövrierfähigkeiten, Widerstandswerte, sowie Strukturpunkte und Wasserstands Balken.
Die genauen Informationen findet ihr dann auf den jeweiligen Bootskarten.
Bootshandlung
Genau wie ein Charakter hat ein Boot eine „Handlung“ mit speziellen Bootsaktionen. Hierzu wird zu Beginn der Handlung ein Aktionspool des Bootes aus den an der Bootsaktion teilnehmenden Besatzungsmitglieder bestimmt und die Bootsaktionen angesagt.
Für die Bootshandlung gibt es neben den gängigsten Bootsaktionen wie Rudern und Steuern auch noch einige weitere, sehr nützliche Bootsaktionen wie „Lenzen“ (Um den Wasserstand im Boot zu verringern), „Entern“ (Der Name ist Programm), Bordwaffe abfeuern oder die „Landratten Aktion“, die es einem Besatzungsmitglied erlaubt, eine beliebige Einfache Aktion während der Bootshandlung durchzuführen. Dies könnte ein Befehl oder das Abfeuern einer Waffe sein.
Bewegung
Für die Bewegung des Bootes werden in der Bootshandlung die Ruderaktionen mit dem Bewegungswert des Bootes multipliziert, was die maximale Bewegungsreichweite des Bootes ergibt. Hinzu kommen Aktionen wie das Steuern um 90 Grad und weitere angesagte Aktionen. Hierzu gibt es im Buch sehr einleuchtende und erklärende Bilder.
Kampf gegen Boote und Passagiere
In Booten ist es eng, was aber nicht heißt, dass man seinen Säbel nicht zu schwingen vermag.
In Booten haben wir selbstredend ein Getümmel, jedoch kann sich dieses über mehrere Boote erstrecken. Dies zu erläutern ist allerdings für mich mühseliger, als euch auf die aufklärenden Bilder in der Erweiterung zu verweisen. Hier wird sehr detailliert und verständlich erklärt, wie wann und wo ein Getümmel stattfindet und was dies für Konsequenzen für den Kampf in und mit Booten hat. So habt ihr u.a. auch die Möglichkeit bei der Bootshandlung euer Boot „Längsseits“ zu stellen um dann mit der gesamten Truppe auf das gegnerische Boot einzustechen *Arrrr*.
Nah- und Fernkampf
Der Nah- und Fernkampf wird um die Trefferermittlung gegen die Boote erweitert. Hier verwendet ihr nicht die gewohnten Trefferzonenkarten (ich habe noch nie ein Boot mit Armen gesehen), sondern versucht, mittels ziehen von Schicksalskarten entsprechend eurem „A-Wert“ (modifiziert) gleich oder kleiner des Manövrierwerts des Schiffes zu gelangen. Dies stellt dar, dass ein kleines wendiges Schiff schwerer zu treffen ist, als ein großes Passagierboot.
„Klar soweit?“
Sowohl im Nah- als auch im Fernkampf kann man das Boot direkt als Ziel auswählen. Es ist bei Beschuss nicht Teil des Getümmels.
Sonderfälle wie hohe Geschwindigkeit der Boote, umgehauene Charaktere, Schwimmerangriffe und Boni durch die Reling sind alle Bedacht worden. So ist es für den Schwimmer schwieriger aus dem Wasser heraus den Kontrahenten im Boot hinter der Reling zu treffen und für den Schützen schwieriger den halb unter Wasser versteckten Schwimmer zu treffen. Schon mal im Wasser mit einer Schwarzpulverwaffe geschossen? Geht nicht? Richtig! Fernkampf aus dem Wasser heraus kann nur der Klabautermann!
Schaden an Booten
Der Schaden an Charakteren wird wie bereits bekannt abgehandelt. Der Schaden an Booten wird auf die gleiche Weise berechnet. Hierzu haben die Boote einen eigenen Widerstandswert. Jedoch erhält ein Boot mit Schaden direkt einen entsprechenden Wert an „Wasserstandspunkten“. Das Boot hat ein Leck! Und sollte es nicht geflickt werden, strömt das Wasser nur so weiter rein, bis es untergeht. Die Regeln sind sehr einleuchtend und gut durchdacht. Auch der Fall des Versinkens ist so simpel wie detailliert konzipiert. So habt ihr die Chance euch an Treibgut zu klammern um nicht unterzugehen.
Auch kann das Boot Schaden durch Kollisionen mit Stränden bis hin zu Felsen erhalten. All dies wurde bedacht und niedergeschrieben.
Das Boot als Waffe
Ob ihr mit eurem Boot den Gegner Rammen, überfahren oder Rammen und anschließend überfahren oder sogar Überfahren, Rammen und wieder anschließend überfahren wollt… das entscheidet am Ende immer noch die Situation und auch etwas das Schicksal, aber alles ist möglich! Probiert es aus 😉
Gelände
Natürlich haben wir in Gewässern anderes Gelände bzw. Geländeeigenschaften als zu Land. So sind Regelungen für Sümpfe, Mangroven- und Schilfwälder bis hin zu Inseln und Nebelbänken Eigenschaften sowohl für die Charaktere als auch für die Boote definiert und anschließend verständlich erläutert.
Eigenschaften und Waffeneigenschaften
Mit den Bootsregeln erhalten wir auch neue Waffen und Waffeneigenschaften. So können Boote mit Geschützen und Steilfeuerwaffen ausgestattet werden. Die Steilfeuerwaffen kommen mit recht spaßigen Abweichungsregeln daher, bei denen ihr, mit jeweils standardmäßig 4 Schicksalskarten und der Windrose, die Abweichung der Steilfeuerwaffe beeinflussen könnt. Ihr wisst aber nicht, was der Gegner auf der Hand hat, so kann ein Schuss schon einmal in die falsche Richtung geweht werden oder in einem lauten PLATSCH! enden! Ein weiterer spaßiger Pokereffekt. Die Regeln sind auf drei Seiten mit vielen Bildern einleuchtend und verständlich erklärt.
Zudem werden Charaktere mit der Eigenschaft „Kanonier“ Artilleriewaffen mit einer einfachen statt standardmäßig mit einer komplexen Aktion abfeuern können.
Beispiele
Im Anschluss folgen weitere Beispiele für neue Regeln mit sehr guten Bildern.
Szenarien
Vier Szenarien um die Bootsregeln zu erlernen, werfen die Freibeuter ins Wasser.
In Abschnitt „Gefährliche Wasserkreaturen“ lernt ihr die Meeresbewohner Longfalls etwas genauer kennen. Neben den Regeln für die Wasserkreaturen bekommt ihr auch erklärt, wie ihr diese im Spiel zu positionieren habt und wie sie im Spiel agieren. Zudem gibt es für jedes Szenario allgemeine Siegbedingungen wie z.b. Ruhmpunkte für ein gekapertes Boot.
1 Bimssteininseln
Eine Insel mit 10 riesigen Bimssteininseln rundherum. Na und? fragt ihr euch? Diese Bimssteininseln haben ein Eigenleben und erschweren oder erleichtern euch den zugang zur Insel, denn wer am Ende die meisten Charaktere auf der Insel hat, bekommt fette Ru(h)mpunkte!
2 Evakuierung 1
Holt eure Gestrandeten von der Insel und beeilt euch, denn das Wasser steigt an und die Insel wird kleiner. Ihr müsst eure Kumpane von der Insel in eure Aufstellungszone transportieren und dabei auf eure Kontrahenten achten… und vor allem auf Wasserkreaturen!
3 Evakuierung 2
Ähnliches Szenario nur ist die Insel von Piranha-Schwärmen und Haien umzingelt. Durch diese „Mauer“ müsst ihr euch erstmal durchkämpfen, wenn ihr bis dahin kommt, denn in Reichweite startet die gegnerische Flotte und versucht ebenfalls ihre Gestrandeten zu bergen. Diese sind zudem unbewaffnet auf der Insel… Ei, ei, ei.
4 Ein Fass voll Käpt’n Morgan
Wer kann sich das Fass schnappen und die Belohnung kassieren? Aber halt! Das Fass bewegt sich mit der Strömung! Und da,… es schlängelt sich durch neues Gelände.
Eine witzige Idee, das Gelände beweglich zu machen. Wenn das mal nicht drunter und drüber geht, denn ab Runde 2 bewegt sich das Fass und es kommen neue Geländeteile hinzu (gerade Rundenzahl).
Anpassung der Charaktere an die Bootsregeln
Zu Land funktionieren Dinge anders als auf See oder wären zu stark bzw. zu schwach. Sonderregeln sind speziell für Spiele zu Land entwickelt worden und würden auf hoher See nicht bzw. nicht richtig funktionieren.
Hier hat das Team von Freebooter Miniatures bekannte „problematische“ Regeln angepasst für Spiele mit „Raging Rivers“. So sind u.a. das Zusatzgelände der Bruderschaft, die Rauchbombe und die Bombe an sich neu geregelt. Die Bombe zum Beispiel ist in Raging Rivers nun eine Steilfeuerwaffe mit erhöhter Reichweite und verändertem EXP-Wert. Die „Zu Land“ Version der Bombe wäre einfach zu verheerend gewesen mit einem zielgenauen Wurf und der Stärke.
Ausrüstungskarten
Die Beliebten Ausrüstungskarten finden wir auch in Raging Rivers wieder. Ausrüstungen für die Boote wie eine erhöhte Reling, ein Eimer zum schnelleren Lenzen bis hin zum Mörser finden wir so einiges Interessantes um unsere Boote ausrüsten zu können. Zudem erhalten wir in diesem Set noch Karten für Yolas und Xaluppen (Xalupas, Xlapu…?), Bootsspezifische Ereigniskarten und auch jede Menge Rüstzeug für Charaktere.
Fazit
Unabhängig davon, dass ich weiß, wieviel Entwicklungszeit und Seeräuberherz in Raging Rivers liegt, kann man das eindeutig am Regelwerk sehen.
So detailliert die Regeln sein mögen, sie sind dennoch recht simpel und leicht zu verstehen. Anhand der erklärenden Bilder erkannt man, dass auf leichte Verständlichkeit gesetzt wurde. Auch die Anpassungen an bisherige Regeln wie der Bombe beweisen, dass man über den Tellerrand geschaut und versucht hat, an so ziemlich alles zu denken.
Dass dabei Kleinigkeiten auf der Strecke bleiben, zeigen das Fehlen der Barkazza und Pinassa Regeln zu den passenden Vorlagen und das Fehlen des Ausrüstungskartenlimits für Boote. Dass es eines gibt, wird erwähnt, welches jedoch nicht. Da wird die Freibeutercrew allerdings mit einem angepassten Erratum nachbessern, wie man in den Kneipen Longfalls bereits hörte.
Teilweise angeprangert wird das Fehlen des Fluffs von bisher erschienenen Charakteren. Meiner Meinung nach aber ein recht guter Schritt, denn hier wird sich speziell auf das Regelwerk um die Boote konzentriert. Da habe ich lieber ein paar mehr erklärende Bilder zu den Bootsregeln, als das Heft voll mit nicht zum Boote-Fluff passenden Charakteren. Großartig wäre Charaktere-Fluff von Bootsspezifischen Charakteren wie Buzo dem Kampfschwimmer-Goblin oder Franjo gewesen. Aber was nicht ist, wird noch, denn ein Band mit den fehlenden Fluff wurde inoffiziell bereits angekündigt,… also das hab ich beim Besuch in der roten Laterne gegen die Abgabe reichlicher Dublonen erfahren… *räusper*
Ich spiele Raging Rivers unheimlich gerne. Nicht nur weil Freebooter’s Fate draufsteht, sondern weil es das Grundspiel wirklich ERWEITERT. Es ist eine Bereicherung in meinen Augen, die nicht zwingend notwendig ist sondern optional und sich somit keiner zum Kauf gezwungen fühlen muss.
Dass es in einem Piratenspiel zu Bootskämpfen kommen musste, war uns allen klar. Wie dies allerdings umgesetzt wurde finde ich letztendlich allerdings recht gesellig. Sogar mein Schmalhirn hat es verstanden, was für eine recht leichte Erlernbarkeit spricht. Voraussetzung ist natürlich die Beherrschung der Grundregeln!
Sie Szenarien sind witzig und sehr abwechslungsreich u.a. aufgrund des Einsatzes von Wasserkreaturen.
Abzüge in der Punkte-Matrix gab es bei der Erlernbarkeit aufgrund der Voraussetzung der Grundregeln sowie beim Langzeitspielspaß. Dies allerdings nur, weil man so kurz nach dem Erscheinen den Langzeitspielspaß nicht bemessen kann. Da die Entwicklungszeit allerdings Zeit in Anspruch genommen hat und die Lust am Setting bis dato nicht vergangen ist, kann ich guten Gewissens eine 9/10 vergeben.
15,50€ für eine Erweiterung in Vollfarbe mit sämtlichen Kopiervorlagen um direkt einsteigen zu können, sind ein erstaunlich guter Schnapper.
Auch trotz beiseitegelegter Freebooter-Brille muss man eingestehen, dass wir hier ein liebevolles Werk in den Händen halten, dessen Spielspaß für das Spiel Freebooter’s Fate klar als Bereicherung gesehen werden kann. Wer den Booten nicht so angetan ist, der mag gerne drauf verzichten, da es das Grundspiel in keinster Weise beeinflusst und man nicht gezwungen ist in ein Boot zu steigen J
Ich kann euch guten Gewissens das Regelwerk ans Herz legen und seid ihr euch noch unsicher, so lasst euch bei einer DEMO-Runde (in eurem Club/Community, spätestens jedoch auf der SPIEL’16) inspirieren/anstecken/abschrecken.
Gerne können wir euch Raging Rivers bei uns auf einem TablePott Treffen (jeden 3. Samstag in Mülheim Styrum) in einer Demo-Runde vorführen und Seemansgarn austauschen.
Bis dahin
Schot und Mastbruch